Landgericht Frankfurt am Main zum Datenschutz: Bildveröffentlichung verletzt Persönlichkeitsrecht
Die Datenschutz-Grundverordnung ist seit dem 25. August 2018 in allen EU-Staaten als unmittelbar geltendes Recht in Kraft.
Einige Rechtsfragen zur DS-GVO sind allerdings noch ungeklärt. So stützte das Landgericht Frankfurt am Main ein Urteil zum Datenschutz „vorsichtshalber“ parallel auf die europäische DS-GVO und auf das deutsche Kunsturhebergesetz (Urteil LG Frankfurt, Aktenzeichen 2-03 O283/18).
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Der Sachverhalt: Datenschutz-Klage nach Video-Veröffentlichung
Dem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin betreibt einen Frankfurter Friseursalon. Zu einer Behandlung wegen Haarverlängerung hatte sie sich jedoch in das Friseurgeschäft des später Beklagten begeben.
Während der Behandlung wurde die Klägerin (angabegemäß trotz ihres Widerspruchs) von einer ihr unbekannten Person fotografiert. Zudem wurde von der Friseurbehandlung ein Video erstellt. Einige Tage später stellte die Klägerin fest, dass sowohl die Fotografien als auch das Video auf der Facebook-Seite des Beklagten veröffentlicht worden waren.
Der Beklagte kam einer Aufforderung der Klägerin zur Entfernung der Abbildungen nur teilweise nach: er entfernte zwar die Fotografien von seiner Facebook-Seite, nicht aber das Video.
Nach Angaben der Klägerin hatte der Beklagten nicht auf eventuelle Foto- und Videoaufnahmen hingewiesen. Die Klägerin habe vielmehr um Unterlassung der Fotoaufnahmen gebeten, die aus einem Meter Entfernung erfolgten. Das Video, so die Klägerin, sei heimlich und ohne ihre Einwilligung erstellt worden.
Dagegen behauptete der Beklagte, dass er regelmäßig zu ausgewählten Terminen Bild- und Videoaufnahmen von Friseurbehandlungen durchführen lasse, um Friseurtechniken zu dokumentieren und zu Werbezwecken auf seiner Facebook-Internetseite zu veröffentlichen.
Die Klägerin sei, so der Beklagte, in seinem Beisein von zwei Angestellten des Salons über die Durchführung der Aufnahmen informiert worden. Die Klägerin habe ihre Einwilligung zur Aufnahme und zur Veröffentlichung erteilt und später auch nicht widerrufen.
Die Entscheidung des Landgerichts
Auf Antrag der Klägerin erließ das Landgericht Frankfurt zunächst eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten. In diesem Beschluss wurde dem Kläger untersagt, Fotografien und Videos der Klägerin öffentlich zu präsentieren.
Nachdem die Beklagte gegen den Gerichtsbeschluss Widerspruch eingelegt hatte, bestätigte das Landgericht die Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren (Urteil LG Frankfurt vom 13. September 2018, Aktenzeichen 2-03 O 283/18).
Das Landgericht wollte ein Urteil fällen, ohne eine Entscheidung über das rechtliche Verhältnis von europaweit geltender Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und deutschem Kunsturhebergesetz (KUG) treffen zu müssen.
Deshalb führte das Gericht eine parallele Prüfung der beiden in Frage kommenden Gesetze durch. Das Landgericht Frankfurt kam zu dem Ergebnis, dass eine Unterlassungsverfügung sowohl auf die DS-GVO als auch auf das KUG gestützt werden könne.
Die Video-Veröffentlichung sei sowohl nach §§ 22, 23 KUG als auch nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a und f sowie nach Artikel 7 DS-GVO rechtswidrig gewesen.
• § 22 Satz 1 KUG besagt, dass „Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen.“
• § 23 Absatz KUG lässt bestimmte Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis zu, insbesondere bei „Bildnissen aus … der Zeitgeschichte“.
• Artikel 6 Absatz 1 DS-GVO benennt mögliche Erlaubnistatbestände für eine Datenverarbeitung (Buchstabe a: Einwilligung; Buchstabe f: berechtigte Interessen des Datenverarbeiters).
• Artikel 7 Absatz 1 DS-GVO fordert, dass der (für die Datenverarbeitung) Verantwortliche in der Lage ist, die Einwilligung des (von der Datenverarbeitung) Betroffenen nachzuweisen.
Das umstrittene Video falle, so das Landgericht, in den Schutzbereich beider Gesetze:
• Das Video zeige ein „Bildnis“ der Klägerin (entsprechend § 22 KUG).
• Da die Klägerin auf dem Video identifizierbar sei, handele es sich bei der Filmaufzeichnung aber auch um personenbezogene Daten (wie in Artikel 4 Ziffer 1 DS-GVO definiert).
Die von § 22 KUG geforderte Verbreitung eines Bildnisses liege ebenso vor wie die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Artikel 4 Ziffer 2 DS-GVO.
Unter Berücksichtigung der Maßstäbe beider Gesetze, so das Landgericht, sei von einer unzulässigen Veröffentlichung beziehungsweise Verarbeitung auszugehen (vom Gericht herangezogene Maßstäbe: § 22 KUG und Artikel 85 Absatz 1 DS-GVO sowie Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 DS-GVO).
Die Beklagte treffe eine gesetzliche Nachweispflicht zu einer von der Klägerin gegebenenfalls erteilten Einwilligung – sowohl nach §§ 22, 23 KUG als auch nach Artikel 7 Absatz 1 DS-GVO. Einen solchen Nachweis habe die Beklagte jedoch nicht erbracht.
Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs setzt eine Wiederholungsgefahr voraus.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bereits die Erstbegehung eines Gesetzesverstoßes ein Indiz für eine vorliegende Wiederholungsgefahr. Dieses Indiz kann durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung widerlegt werden.
Die Weigerung eines Beklagten, eine solche Unterlassungserklärung abzugeben, zeigt gemäß Rechtsprechung das Bestehen einer Wiederholungsgefahr.
Daher bestätigte das Landgericht Frankfurt am Main die gegen die Beklagte erlassene einstweilige Verfügung durch ein entsprechendes Urteil im Hauptsacheverfahren.
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