OLG Oldenburg: strafbare Steuerhinterziehung durch Unterlassen

Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung kann durch eine aktive Handlung, aber auch durch pflichtwidriges Unterlassen einer Handlung erfüllt werden.

Als Revisionsinstanz hatte das Oberlandesgericht Oldenburg in einem aktuellen Strafrechtsverfahren darüber zu entscheiden, ob ein Steuerpflichtiger wegen vollendeter oder versuchter Steuerhinterziehung durch Nichtabgabe einer Steuererklärung zu verurteilen war (Beschluss OLG Oldenburg vom 10. Juli 2018, Aktenzeichen 1 Ss 51/18).

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    Der Sachverhalt: pflichtgemäße Information des Finanzamtes durch den Steuerpflichtigen?

    Im vorliegenden Fall hatte ein Steuerpflichtiger seinem Finanzamt mitgeteilt, dass seine Lohnsteuer aktuell nach nach Steuerklasse 3 berechnet werde, obwohl er von seiner Ehefrau dauerhaft getrennt lebe. Eine Änderung der Steuerklassen-Eintragung erfolgte jedoch nicht. (Das für verheiratete Arbeitnehmer geltende Steuerprivileg nach Steuerklasse 3 darf – von einem der Ehepartner – nur bei dauerndem Zusammenleben der Ehepartner genutzt werden.)

    Auf der Lohnsteuerkarte des Steuerpflichtigen war außerdem ein zu hoher Freibetrag für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eingetragen. Die Voraussetzungen für einen Freibetrag in maximal möglicher Höhe lagen für das betreffende Kalenderjahr nicht vor, da der Steuerpflichtige nur an 191 Tagen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gependelt war. Der Steuerpflichtige hatte aber – auf seinen Antrag hin – einen Freibetrag in Höhe der steuerlich maximal berücksichtigungsfähigen 220 Kalendertagen erhalten.

    Wegen dieser zwei Sachverhalte wurde ein Steuerstrafverfahren wegen Nichteinreichens einer Steuererklärung eingeleitet. Dem Steuerpflichtigen wurde vorgeworfen, er habe dem Finanzamt steuererhebliche Daten vorenthalten und sich deshalb wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen strafbar gemacht.

    Hintergrund: die Steuerbehörden erhalten viele Daten auf elektronischem Weg

    Um den Sachverhalt richtig einordnen zu können, ist zu berücksichtigen, dass die Finanzverwaltung im Zuge von Automatisierung und Digitalisierung bereits zahlreiche Daten auf elektronischem Weg erhält – ganz ohne Zutun des Steuerpflichtigen. So werden dem Finanzamt beispielsweise folgende Informationen automatisch zur Verfügung gestellt:
    • Lohnsteuerbescheinigungen (durch den Arbeitgeber),
    • Daten zum Bezug von Renten,
    • Lohnersatzleistungen (beispielsweise Arbeitslosen- und Elterngeld),
    • potenzielle Abzugsbeträge des Steuerpflichtigen (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Vorsorgeaufwendungen für Riester- und Rürup-Verträge).

    Wichtig: Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung – auch bei elektronischer Finanzamt-Information
    Steuerpflichtige bleiben in zahlreichen Fällen zur Abgabe einer Steuererklärung gesetzlich verpflichtet, auch wenn das Finanzamt bestimmte Daten ohnehin auf elektronischem Weg erhält.

    Der bisherige Stand der Rechtsprechung

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH-Beschluss vom 21. November 2012, Aktenzeichen 1 StR 391/12) kommt es bei Steuerhinterziehungen durch aktives Handeln grundsätzlich nicht darauf an, über welchen Kenntnisstand die Finanzverwaltung verfügt. Bei Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung, die zu einer Steuerverkürzung führt, ist daher der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt – auch dann, wenn das Finanzamt von Anfang an weiß, dass die Steuererklärung nicht korrekt ist.

    Zur Strafbarkeit einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen durch Nichtabgabe einer Steuererklärung liegt jedoch noch keine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor. Daher haben Entscheidungen, die durch Oberlandesgerichte zur Steuerhinterziehung durch Unterlassen gefällt werden, eine wichtige Signalwirkung.

    Steuerhinterziehung durch Unterlassen? Ein mehrjähriger Weg durch die Instanzen

    Der Beschluss des OLG Oldenburg vom 10. Juli 2018 stand am Ende eines mehrjährigen Weges durch die Gerichtsinstanzen.

    Ein erstes Urteil hatte das Amtsgericht Aurich am 14. September 2015 (Verurteilung des Steuerpflichtigen zu einer Geldstrafe wegen versuchter Steuerhinterziehung durch Unterlassung) gefällt. Eine nur versuchte, nicht vollendete Steuerhinterziehung wurde deshalb angenommen, weil
    • zum Zeitpunkt der Abgabe von Erklärungen des Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt (Eintragung der Steuerklasse und Antrag auf Freibetrag-Eintragung)
    • der für die Vollendung eine Steuerhinterziehung maßgebliche Zeitpunkt (ein Jahr nach Ablauf der Steuererklärungspflicht Ende Mai des auf das Steuerjahr folgenden Kalenderjahres)
    noch nicht erreicht war.

    Nachdem der Angeklagte Berufung gegen den Schuldspruch des Amtsgerichts Aurich eingelegt hatte, sprach das Landgericht Aurich den Angeklagten frei. Daraufhin legte die Staatsanwaltschaft Revision beim OLG Oldenburg ein. Das Oberlandesgericht hob den Freispruch durch das Landgericht auf und verwies an eine andere Kammer des LG Aurich zurück.

    In seinem zweiten Urteil erklärte das Landgericht den Angeklagten der Steuerhinterziehung durch Unterlassen für schuldig –
    • sowohl hinsichtlich eines fehlenden Hinweises auf die zu ändernde Steuerklasse
    • als auch wegen Nichtangabe der tatsächlichen Fahrtkosten.

    Nunmehr rief der Angeklagte das OLG Oldenburg als Revisionsgericht an.

    Die Entscheidung des OLG Oldenburg

    Das Oberlandesgericht Oldenburg fasste am 10.07.2018 folgenden Beschluss (Aktenzeichen 1 Ss 51/18):

    a.) Hinsichtlich des Steuerschadens, der durch die falsche Steuerklasse entstanden war, liegt weder eine vollendete noch eine versuchte Steuerhinterziehung vor.

    Die Abgabenordnung schütze das Interesse des Staates an einem rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommen. Habe das Finanzamt (wie im vorliegenden Fall) jedoch Kenntnis über alle maßgeblichen Umstände, so sei eine Gefährdung dieses Staatsinteresses nicht ersichtlich.

    Der maßgebliche § 370 Absatz 1 der Abgabenordnung lautet:

    „Steuerhinterziehung
    Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
    1. den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
    2. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt..“

    b.) Bezüglich der unrechtmäßig gewährten Freibetragshöhe für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nimmt das OLG Oldenburg allerdings eine strafbare versuchte Steuerhinterziehung an. Der Steuerpflichtige konnte nach der Feststellung des Gerichts nämlich nicht davon ausgehen, dass das Finanzamt Kenntnis von der geringeren Anzahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten hatte.

    Das OLG Oldenburg schloss sich mit seinem Beschluss ausdrücklich der vergleichbaren Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Köln in einem ähnlichen Fall an (Urteil OLG Köln vom 31. Januar 2017, Aktenzeichen III-1 RVs 253/16).

    Aufhebung der Strafzumessung

    Das OLG Oldenburg hob aufgrund des verminderten Schuldvorwurfs die Strafzumessung der Vorinstanzen auf.

    Das Landgericht Aurich war laut Oberlandesgericht bei seiner Strafzumessung rechtsfehlerhaft von einem Steuerschaden von insgesamt 4.972 Euro ausgegangen. Da der Steuerschaden aufgrund falscher Steuerklasse nach Auffassung des OLG nicht dem Angeklagten anzulasten war, verblieb nur eine vergleichsweise geringe Steuerverkürzung von 305 Euro (wegen des zu Unrecht für Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz zu hoch gewährten Freibetrags).

    Das Landgericht Aurich wurde deshalb durch das OLG Oldenburg dazu angehalten, die gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafe dem geringeren Schuldvorwurf entsprechend zu reduzieren.

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