Wettbewerbsrecht und Internetrecht: Bundesgerichtshof entscheidet zum Designschutz

Rechtsanwältin Züwerink-Roek verfolgt für ihre Mandanten die Rechtsentwicklung im Wettbewerbsrecht und im Internetrecht sehr genau. Wie wichtig eine professionelle Beobachtung von Gesetzgebung und Rechtsprechung ist, zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs zum Designrecht (BGH-Urteil vom 11.01.2018, Aktenzeichen I ZR 187/16).

Urteil zum Designschutz: der zugrunde liegende Sachverhalt

Dem Urteil des Bundesgerichtshof lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein deutsches Unternehmen (Beklagte 1) vertrieb ein Schuhmodell, das es von einem niederländischen Lieferanten (Beklagte 2) bezog. Die Lieferung nach Deutschland erfolgte nach Behauptung der Klägerin durch ein in China ansässiges Unternehmen (Beklagte 3).

Die Klägerin sah durch das aus China gelieferte Produkt ein zu ihren Gunsten bestehendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster verletzt. (Das europäische Gemeinschaftsgeschmacksmuster ähnelt als gewerbliches Schutzrecht dem deutschen Designrecht.)

Außerdem erkannte die Klägerin in Fertigung und Vertrieb des Modells eine unlautere Nachahmung.

Die Klägerin stellte folgende Klageanträge:
• gegen die Beklagten 1 und 2
– Unterlassung von Angebot und Vertrieb sowie von Import und Export des fraglichen Schuhmodells nach Deutschland
– Erteilung von Auskünften und Rechnungslegung

• gegen die Beklagte 1
– Vernichtung und Vertriebsrückruf des Schuhmodells

• gegen die Beklagten 1, 2 und 3
– Feststellung der Verpflichtung zum Schadenersatz

LG und OLG Düsseldorf: die Urteile der Vorinstanzen

Während das Landgericht Düsseldorf der Klage stattgab (Urteil LG Düsseldorf vom 20.08.2015, Aktenzeichen 37 O 111/14), wies das als Berufungsgericht angerufene Oberlandesgericht Düsseldorf die Klage zurück (Urteil OLG Düsseldorf vom 12.07.2016, Aktenzeichen I-20 U 134/15 – 93).

Der Schutzumfang des Geschmacksmusters orientiere sich, so das OLG, gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Gemeinschaftsgeschmacksmuster-Verordnung (GGV, EU-Verordnung 6/2002) am „Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters“.

Ob eine Schutzrechtsverletzung vorliege, bestimme sich zudem durch den Abstand des beanstandeten Schuhmodells zum „vorbekannten“ (also durch ein Geschmacksmuster geschützten) Produkt. Zur Beurteilung des „Abstands“ stützte sich das Oberlandesgericht auf sieben wesentliche („prägende“) Merkmale des fraglichen Schuhmodells.

Für die Feststellung einer Rechtsverletzung komme es nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf den Vergleich einzelner Produktmerkmale, sondern auf den Gesamteindruck von beanstandeter und (hier aus einem Online-Portal der Klägerin) vorbekannter Produktgestaltung an. Aus dem Gesamteindruck der beiden Produkte könne dann das Ausmaß der Ähnlichkeit abgeleitet werden.

Nach einem entsprechenden Produktvergleich urteilte das OLG, dass die Geschmacksmusterrechte des Klägers nicht verletzt seien und wies daher die Klage zurück.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz hielt zwar die vom OLG durchgeführte Vorgehensweise beim Produktvergleich grundsätzlich für rechtsfehlerfrei.

Zwischenzeitliche Änderungen des Wettbewerbsrechts

Allerdings habe das Berufungsgericht bestimmte Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nicht berücksichtigt, die während des (mehrjährigen) Rechtsstreits erfolgte.
Unterlassungsansprüche seien auf mögliche künftige Rechtsverletzungen gerichtet. Insoweit müsse zur Beurteilung der Rechtslage das aktuell geltende Recht herangezogen werden.
• Für mögliche Ansprüche auf Schadenersatz, Rückruf, Produktvernichtung und Auskunftserteilung komme es hingegen auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der (behaupteten) Rechtsverletzung an. Gesetzesänderungen, die nach Beginn eines Gerichtsverfahrens erfolgen, haben für solche Ansprüche also keinen Einfluss auf das spätere Urteil.

Unzureichende Würdigung von Produktmerkmalen und Gesamteindruck

Zudem habe das Berufungsgericht nicht begründet, warum trotz Übereinstimmung eines Merkmals, das für die Eigenart des Schuhs maßgeblich sei (im vorliegenden Fall: Schnürung), keine Nachahmung vorliege. Das OLG habe zur Begründung seiner Auffassung, dass eine Nachahmung nicht gegeben sei, nur auf ein einziges Merkmal abgestellt (im vorliegenden Fall: Sohle der Schuhmodelle).

BGH: Aufhebung des Berufungsurteils

Wegen der dargestellten Rechtsfehler hob der Bundesgerichtshof das Urteil der Vorinstanz auf und verwies den Rechtsfall an das Oberlandesgericht zurück.

Das Berufungsgericht dürfe nicht lediglich Einzelmerkmale bewerten, sondern müsse auf die Gesamtwirkung abstellen. Bei der Feststellung einer möglichen Nachahmung komme es nämlich auf die Sichtweise eines Durchschnittsverbrauchers an – nicht auf diejenige informierter Benutzer.

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