Bundesgerichtshof: Markenrecht bei Online-Handelsplattformen

Am 15. Februar 2018 entschied der Bundesgerichtshof in zwei unterschiedlich gelagerten Fällen darüber, in welchem Rahmen die Suchfunktion einer Online-Handelsplattform Marken- und Unternehmenskennzeichen verwenden darf.

Die höchstrichterlichen Urteile zeigen wieder einmal nachdrücklich die Bedeutung einer fachkundigen und zugleich äußerst engagierten Rechtsberatung und Rechtsvertretung in den komplexen Fragen des Markenrechts und Wettbewerbsrecht.

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Fall „ORTLIEB“ – wenn die Amazon-Trefferliste zusätzliche Produkte des Amazon-Vertriebs anzeigt

Die Klägerin vertreibt Transportbehälter und Taschen der Produktmarke „ORTLIEB“, für die sie eine exklusive Lizenz besitzt.

Bei den Beklagten handelte es sich um
• die Betreiberin der Webseite amazon.de (Beklagte 1),
• die auf dieser Seite aufrufbare Internet-Plattform „Amazon Marketplace“ (Beklagte 2) und
• der Anbieter, der für das Produktangebot unter der Rubrik „Verkauf und Versand durch Amazon“ verantwortlich zeichnet (Beklagte 3).

Die Klägerin nutzte die Webseite „amazon.de“ nicht zum Warenabsatz. Sie vertrieb ihre Produkte anderweitig. Die Klägerin führte Beschwerde darüber, dass die Amazon-Suchmaschine bei Eingabe des Stichworts „ORTLIEB“ eine Trefferliste ausweist, die neben Produkten, die die Klägerin vertreibt, auch Waren der Beklagten 3 anzeigte.
Die Klägerin bewertete dies als Verletzung ihres „ORTLIEB“-Markenrechts. Sie klagte daher auf Unterlassung.

BGH-Entscheidungskriterium: Erkennbarkeit des Herstellers

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Klägerin die Nutzung der Marke „ORTLIEB“ nur dann untersagen kann, wenn nach Eingabe des Suchwortes „ORTLIEB“ in der Trefferliste Produkte angezeigt werden, bei denen Internet-Nutzer gar nicht oder nur schwer erkennen können, ob sie vom Inhaber der Marke „ORTLIEB“ oder von einem anderen Anbieter stammen.

Das Berufungsgericht (Oberlandesgericht München) hatte hierzu keine Feststellungen getroffen. Der Bundesgerichtshof verwies die Rechtsangelegenheit daher zwecks entsprechender Tatsachenfeststellung an das Berufungsgericht zurück (BGH-Entscheidung vom 15.02.2018, Aktenzeichen I ZR 138/16).

Fall „goFit“: Einbeziehung eines Firmenkennzeichens in die Amazon-interne Kommunikation zulässig?

Die in Österreich ansässige Klägerin „goFit Gesundheit GmbH“ vertreibt in Deutschland eine „gofit Gesundheitsmatte“. Diese dient der Fußreflexzonenmassage. Die Beklagte ist die Betreiberin des Portals „amazon.de“.

Die „Gesundheitsmatte“ der Klägerin wird über amazon.de nicht vertrieben. Die Klägerin stellte jedoch fest, dass bei Eingabe der Suchwörter „gofit“ oder „goFit“ auf der Amazon-Plattform ein Drop-Down-Menü erscheint. Dieses zeigt Suchwort-Vorschläge wie „gofit gesundheitsmatte“, „gofit Fußreflexzonenmassagematte“ oder „gofit matte“ an.

Die Klägerin monierte, dass durch diese Suchwort-Vorschläge ihr Recht am Unternehmenskennzeichen „goFit“ verletzt werde. Hilfsweise machte die Klägerin eine Verbraucher-Irreführung geltend.

Die Klägerin verlangte deshalb Unterlassung und Auskunftserteilung sowie die Erstattung der Abmahnkosten.

BGH-Entscheidungskriterium: Funktion des Firmenzeichens beeinträchtigt?

Der Bundesgerichtshof billigte der österreichischen Klägerin zu, dass die Firmenbezeichnung „goFit“ auch in Deutschland geschützt ist. Auch die Verwendung des Unternehmenskennzeichens in der unternehmensinternen Kommunikation des Portals amazon.de erschien unstrittig.

Allerdings kam der BGH zu dem Ergebnis, dass die bloße Nutzung des Kennzeichens im Rahmen der automatischen Suchwort-Vervollständigung die Funktion des Zeichens nicht beeinträchtigt.

Mit der Kennzeichennutzung durch amazon.de sei auch kein Wettbewerbsverstoß verbunden. Das Berufungsgericht (Oberlandesgericht Köln) habe bereits festgestellt, dass die bei amazon.de angezeigten Suchwort-Vorschläge bei Internet-Nutzern nicht den fälschlichen Eindruck schafft, dass die angezeigten Produkte auf der Amazon-Handelsplattform vertrieben werden (BGH-Entscheidung vom 15.02.2018, Aktenzeichen I ZR 201/16).

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