Patentrecht und Designrecht – mögliche Einschränkung durch Vorbenutzungsrecht
Patentrechte schützen einen Rechteinhaber vor unerlaubter Nutzung seiner gewerblichen technischen Erfindungen. Ein Designrecht bietet Rechtsschutz vor rechtswidriger Fremdnutzung der Erscheinungsformen eines Erzeugnisses (insbesondere Farben, Formen und verwendete Werkstoffe).
Gegen ein Patentrecht oder Designrecht kann ein Dritter allerdings eventuell ein sogenanntes Vorbenutzungsrecht geltend machen. Der Bundesgerichtshof präzisierte in einem Urteil die Voraussetzungen solcher Vorbenutzungsrechte.
Patentrecht und Designrecht: Zeitpriorität oder Vorbenutzungsrecht?
Im Patentrecht und Designrecht gilt die sogenannte Alterspriorität (Zeitpriorität). Rechtsinhaber ist danach grundsätzlich derjenige, dessen Patentrecht oder Designrecht zuerst im Register des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) eingetragen wurde.
Ein Patentrecht oder ein Designrecht wirkt allerdings nicht gegen denjenigen, der die Erfindung (bzw. die Erscheinungsform) zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits genutzt oder dazu erforderliche Vorbereitungen getroffen hatte (§ 12 Absatz 1 Patentgesetz, § 41 Absatz 1 Designgesetz). Ein Vorbenutzungsrecht schränkt also die Rechte von Patentrecht oder Designrecht-Inhabern ein. Der Inhaber eines Vorbenutzungsrechts ist zur wirtschaftlichen Verwertung des Designs oder Patents berechtigt. Allerdings gilt diese Berechtigung nur für den eigenen Betrieb.
Das Vorbenutzungsrecht dient dem Schutz getätigter Investitionen in Produktentwicklungen. Von praktischer Bedeutung ist dies beispielsweise bei zeitgleich in mehreren Unternehmen stattfindenden, inhaltlich gleichgerichteten Entwicklungsarbeiten.
Der aktuelle Fall: Designrecht-Inhaber klagt gegen IKEA
Der Inhaber eines eingetragenen Designrechts (Kläger) klagte gegen die Unternehmenseinheit, die für die Möbelhäuser des schwedischen IKEA-Konzerns in Deutschland zuständig war (Beklagte).
Der Kläger hatte am 15. Juli 2002 das Design eines bestimmten Bettgestells beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet. Die Eintragung in das öffentliche Register des DPMA erfolgte am 25. November 2002.
Die Beklagte vertrieb ab 2003 in ihren deutschen Möbelhäusern das Bettgestell „MALM“. Dieses stimmte weitgehend mit dem für den Kläger geschützten Design überein. Jedoch hatte IKEA schon im August 2002 ein Bettgestell „BERGEN“ beworben. Dessen Ausstattungsmerkmale (abgesehen von einem unerheblich höheren Kopfteil) waren mit „MALM“ identisch.
Der Kläger sah sich durch den Vertrieb des Bettgestell-Produkts durch IKEA in seinem Designrecht verletzt. Nach ergebnislosem Abmahnverfahren stellte der Kläger nunmehr ein Auskunftsersuchen vor Gericht und verlangte außerdem Rechnungslegung, Erstattung der Abmahnkosten sowie die Feststellung einer Schadenersatzpflicht der Beklagten.
IKEA als Beklagte erhob Gegenklage und verlangte ihrerseits Ersatz der Rechtsanwaltskosten, die im Zusammenhang mit der Abwehr der erhaltenen Abmahnung entstanden waren.
Das Landgericht Düsseldorf und das Oberlandesgericht Düsseldorf als Berufungsinstanz wiesen die Klage ab. Der Gegenklage von IKEA gaben sie statt (Urteile Landgericht Düsseldorf vom 26. Juli 2013, Aktenzeichen 34 O 121/12 und Oberlandesgericht Düsseldorf vom 15. Dezember 2015, Aktenzeichen I-20 U 189/13).
Das Urteil des Bundesgerichtshofs
Als Revisionsgericht hatte der Bundesgerichtshof nun letztinstanzlich darüber zu entscheiden, ob IKEA ein Vorbenutzungsrecht am Design des von ihr vertriebenen Bettgestells „MALM“ zusteht. Im Ergebnis hielt der BGH die für ein Vorbenutzungsrecht nach § 41 Absatz 1 Designgesetz erforderlichen Vorbereitungshandlungen durch die IKEA of Sweden AB für nicht ausreichend.
Als in zeitlicher Hinsicht relevante Vorbereitungshandlung kam die IKEA-Bewerbung des sehr ähnlichen Bettgestells „BERGEN“ in Betracht, die bereits vor Designrecht-Eintragung zugunsten des Klägers durchgeführt wurde. Die Werbemaßnahme für „BERGEN“ erfolgte jedoch seinerzeit nur in Schweden. Der BGH entschied nunmehr, dass ein Vorbenutzungsrecht voraussetze, dass die gesetzlich geforderten „wirklichen und ernsthaften Anstalten zur Benutzung ebenso wie eine Benutzung“ in Deutschland erfolgen. Deshalb sprach der Bundesgerichtshof der Beklagten IKEA kein Vorbenutzungsrecht zu.
Der BGH hob daher das Urteil der Vorinstanz auf. Die Rechtssache wurde zwecks Neuverhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (Urteil Bundesgerichtshof vom 29. Juni 2017, Aktenzeichen I ZR 9/16).
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