Rechtspflicht für Online-Unternehmer: Hinweis- und Verlinkungspflicht zur europäischen Schlichtungsplattform

Für Unternehmer und Selbständige, die online Produkte anbieten, gilt seit Anfang 2016 eine Hinweis- und Verlinkungspflicht zur europäischen Online-Schlichtungsplattform („OS-Plattform“). Unternehmen sollten diese Rechtspflicht unbedingt ernstnehmen und ihr Impressum ergänzen. Rechtsanwältin Züwerink-Roek informiert Sie über das OS-Verfahren sowie über die aktuelle Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Abmahnungen bei fehlenden Hinweisen und Verlinkungen auf die OS-Plattform.

OS-Plattform: Zweck und Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage der auf Ebene der Europäischen Union mit Wirkung vom 9. Januar 2016 geschaffenen OS-Plattform ist die EU-Verordnung 524/2013 „über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten“ (ODR-Verordnung, Online Dispute Resolution). Die ODR-Verordnung zielt auf die Stärkung des Vertrauens von Konsumenten und Unternehmen in den grenzüberschreitenden Online-Einkauf und -Verkauf. Ein hohes Verbraucherschutzniveau soll zur Funktionsfähigkeit des europäischen Binnenmarktes beitragen.

Die OS-Plattform ist eine interaktive Webseite (http://ec.europa.eu/consumers/odr), die von der EU-Kommission entwickelt und betrieben wird. Sowohl in der Europäischen Union ansässige Unternehmen als auch Verbraucher können OS mittels eines elektronischen Beschwerdeformulars nutzen. Hierdurch sollen Streitigkeiten aus online abgeschlossenen B2C-Geschäften außergerichtlich beigelegt werden.

Die ODR-Verordnung gilt also nur für rechtliche Auseinandersetzungen zwischen Verbrauchern und Unternehmern (B2C) aus online abgeschlossenen Verträgen. Sie gilt aber nicht für offline (im traditionellen Handel) oder zwischen Unternehmern getroffene Vereinbarungen. Die Vertragsparteien können trotzdem, die ihnen nach nationalem Recht zustehenden gerichtlichen Verfahren nutzen. Die Möglichkeit einer Online-Schlichtung hindert sie daran nicht.

OS übermittelt eingegangene Beschwerden an nationale OS-Kontaktstellen, die in allen EU-Mitgliedsstaaten eingerichtet werden und der alternativen Streitbeilegung (AS) dienen. Zu diesem Zweck wird die ODR-Verordnung durch die sogenannte ADR-Richtlinie ergänzt (EU-Richtlinie 2013/11/EU „über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten“). Die ADR-Richtlinie enthält Bestimmungen zum AS-Verfahren und zu den AS-Stellen der Mitgliedsstaaten. Diese führen das weitere Schlichtungsverfahren durch.

Artikel 14 ODR-Verordnung: Pflicht von Unternehmen zur Verlinkung auf die OS-Plattform

Artikel 14 Absatz 1 ODR-Verordnung verpflichtet alle in der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, die online Kauf- oder Dienstleistungsverträge eingehen, auf ihren Webseiten in leicht zugänglicher Form eine Verlinkung zur OS-Plattform vorzunehmen. Damit sind Verbraucher anlässlich von Online-Geschäften über das OS-Streitbeilegungsverfahren unterrichtet. Zweckmäßigerweise führen Unternehmen diese Verlinkung durch entsprechende Ergänzung ihres Impressums durch.

OLG München: zur Zulässigkeit von Abmahnungen bei fehlender OS-Verlinkung

Umstritten war bislang, inwieweit Unternehmen mit Online-Geschäft abgemahnt werden können, wenn sie die von Artikel 14 Absatz 1 ODR-Verordnung vorgeschriebene Verlinkung zur OS-Plattform nicht durchgeführt haben.

Das Oberlandesgericht München entschied, dass die Rechtspflicht zur Verlinkung zur OS-Plattform nicht nur die Angabe des Linktextes, sondern eines klickbaren Links erfordert. Bei der so umrissenen Verlinkungspflicht handele es sich um eine Marktverhaltensregelung gemäß § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Daher seien Abmahnungen bei Verstoß gegen die Hinweis- und Verlinkungspflicht (Artikel 14 ODR-Verordnung) abmahnfähig (Urteil OLG München vom 22.09.2016, Aktenzeichen 29 U 2498/16).

Der von einem Interessenverband zunächst abgemahnte und dann verklagte Online-Unternehmer wurde durch das OLG München unter Erlass einer einstweiligen Verfügung verurteilt, Online-Angebote ohne „leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform“ zu unterlassen.

OLG Koblenz: Linkpflicht auch für Unternehmer, die Waren über Handelsplattformen veräußern

Fraglich blieb nach der Entscheidung des OLG München zunächst, ob auch Unternehmer, die über Online-Handelsplattformen wie Amazon oder eBay Kaufverträge abschließen, zur Verlinkung auf die OS-Plattform verpflichtet sind.

Nach dem Wortlaut des Artikels 14 Absatz 1 ODR-Verordnung müssen Unternehmen einen entsprechenden Link nur „auf ihren Websites“ anbringen. Daraus könnte geschlossen werden, dass die Anbringung eines OS-Links bei unternehmerischer Tätigkeit über eine Handelsplattform nicht erforderlich ist.

Das Oberlandesgericht Koblenz urteilte jedoch, dass entsprechend dem Zweck der auf Verbraucherschutz zielenden ODR-Verordnung auch Angebotsseiten auf Online-Marktplätzen von der OS-Verlinkungspflicht betroffen seien. Der in Artikel 14 ODR-Verordnung verwendete Begriff „Website“ müsse weit ausgelegt werden (Urteil OLG Koblenz vom 25.01.2017, Aktenzeichen 9 W 426/16).

Online-Unternehmer: OS-Verlinkungspflicht unbedingt beachten!

Eine höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur OS-Verlinkungspflicht von Online-Unternehmern liegt zwar noch nicht vor. Rechtsanwältin Züwerink-Roek empfiehlt jedoch ihren Mandanten, der Verlinkungspflicht nach Artikel 14 ODR-Verordnung nachzukommen, um kostspielige und zeitaufwändige Abmahnungen zu vermeiden. Sie prüft für Sie aber gerne auch, ob Ihre Wettbewerbsrechte durch Mitbewerber verletzt werden, die der Verlinkungspflicht nicht entsprechen. Sie bietet Ihnen außerdem an, das Impressum Ihres Online-Auftritts über die OS-Verlinkung hinaus einer aktuellen rechtlichen Überprüfung zu unterziehen, um begründeten Abmahnungen vorzubeugen.

Frau Rechtsanwältin Kerstin Züwerink-Roek, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz berät Unternehmen, Gewerbetreibende und Selbständige umfassend und kompetent zur Hinweis- und Verlinkungspflicht auf die OS-Plattform. Frau Züwerink-Roek vertritt Ihre Interessen gerne außergerichtlich, aber bei Bedarf auch vor Gericht engagiert und zuverlässig. Mit ihrem Online-Kontaktformular erreichen Sie Ihre Fachanwältin auf direktem Weg.