OLG Frankfurt am Main: Grenzen des Markenrechts
In einem aktuellen Beschluss zeigt das Oberlandesgericht Frankfurt Inhalte und Grenzen des Markenrechts auf. Das OLG hatte zu entscheiden, inwieweit ein Markenrecht bereits dadurch verletzt ist, dass die Suchfunktion eines (von einem Dritten betriebenen) Online-Portals beeinflusst wird.
Streitfall: Beeinflussung einer Suchfunktion – Verletzung des Markenrechts?
Als Antragstellerin trat im vorliegenden Verfahren die Inhaberin des Markenrechts an der Schuhwaren-Marke „Birki“ auf. Antragsgegnerinnen waren Unternehmen der Amazon-Gruppe.
Bei Eingabe des Stichworts „Birki“ auf der Amazon-Online-Handelsplattform erschienen in der Produktliste sowohl originale „Birki“-Produkte als auch Schuhangebote fremder Marken und Schuhprodukte der Antragstellerin, die unter der separaten Produktmarke „Birkenstock“ geführt werden.
In erster Instanz hatte das Landgericht Frankfurt einem Antrag der Antragstellerin durch Beschluss vom 25.01.2018 (Aktenzeichen 6 O 42/18) teilweise stattgegeben: Das Landgericht untersagte den Antragsgegnerinnen, unter dem Suchwort „Birki“ andere als von der Antragsstellerin stammende Schuhwaren aufzulisten. Darüber hinausgehende Ansprüche wies das Landgericht jedoch zurück.
Mit dieser teilweisen Ablehnung ihres Antrags war die Antragstellerin nicht einverstanden. Mit einer sofortigen Beschwerde wandte sie sich an das Oberlandesgericht Frankfurt.
Die Antragstellerin beantragte die Abänderung des Beschlusses des Landgerichts. Den Antragsgegnerinnen solle untersagt werden, bei Eingabe des Suchworts „Birki“ auf der Amazon-Plattform Schuhwaren anzuzeigen,
• die nicht von der Antragstellerin stammen oder
• die von der Antragstellerin nicht unter der speziellen Bezeichnung „Birki“ in den Geschäftsverkehr gebracht wurden.
Wegen der aus ihrer Sicht bestehenden besonderen Dringlichkeit beantragte die Antragstellerin zudem den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts
Das Oberlandesgericht Frankfurt wies den Antrag der Antragstellerin zurück (Beschluss OLG Frankfurt vom 11.04.2018, Aktenzeichen 6 W 11/18).
Das OLG stellte fest, dass das Markenrecht der Antragstellerin nicht schon dadurch beeinträchtigt werde, dass bei Suchmaschinen-Eingabe eines Markennamens (hier „Birki“) auch Waren angezeigt werden, die der Markeninhaber selbst unter ähnlichen Bezeichnungen anbietet.
Eine wettbewerbswidrige „irreführende geschäftliche Handlung“ im Sinne von § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) liege bei einer solchen Einflussnahme auf die Suchfunktion nicht vor. Folgerichtig verneinte das Oberlandesgericht einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch.
Maßgebliches Kriterium: Beeinträchtigung einer Markenfunktion
Ein Markeninhaber, so das Oberlandesgericht, könne einer Markennutzung nur dann widersprechen, wenn eine Markenfunktion beeinträchtigt sei.
Die Herkunftsfunktion
Die Herkunftsfunktion sei als Hauptfunktion einer Marke regelmäßig dann beeinträchtigt, wenn die Bezeichnung eines Unternehmensprodukts ein anderes Unternehmen nutze.
Im Zusammenhang mit der Verwendung von Zeichen in einer Online-Suchmaschine seien besondere Rechtsregeln zu beachten. Die Herkunftsfunktion sei grundsätzlich dann verletzt, wenn ein Suchwort dazu diene, das Ergebnis der Auswahlliste zu beeinflussen.
Eine markenrechtliche Beeinträchtigung durch Suchmaschine setze allerdings auch voraus, dass ein Internetnutzer schwer oder gar nicht erkennen könne, ob ein Produkt vom Markeninhaber oder von einem Dritten stamme. Eine Markenrechtsverletzung, so führte das OLG aus, liege dann vor, wenn die Trefferanzeige den irrtümlichen Eindruck erwecke, dass ein Produkt vom Markeninhaber stamme.
Der Antrag der Antragstellerin ziele darauf ab, Produktangebote durch die Suchmaschine zu unterbinden, die zwar von der Antragstellerin stammen, aber innerhalb der Produktpalette der Antragstellerin mit der Hauptmarke „Birkenstock“ gekennzeichnet sind.
Beim Verbraucher könne im vorliegenden Fall jedoch gar kein rechtlich relevanter Irrtum über die Herkunft der Produkte entstehen, da sowohl „Birki“-Schuhe als auch „Birkenstock“-Produkte von demselben Hersteller stammen. Auch werde nicht in die Verfügungsmacht des Markenbesitzers eingegriffen.
Die Herkunftsfunktion der Marke sei deshalb nicht beeinträchtigt.
Die Werbefunktion
Die Werbefunktion einer Marke wird nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof selbst bei Nutzung eines identischen Namens durch einen Wettbewerber als Suchmaschinen-Keyword nicht beeinträchtigt.
Die Garantie- und Qualitätsfunktion
Ebenso sei die Garantie- und Qualitätsfunktion der Marke nicht verletzt: Dies wäre typischerweise dann der Fall, wenn verschlechterte oder veränderte Waren in Umlauf gebracht würden.
Die Investitionsfunktion
Die sogenannte Investitionsfunktion (von der Werbefunktion zu unterscheiden) sei ebenfalls nicht tangiert. Die Investitionsfunktion schütze die Aufwendungen eines Unternehmens, die für den Aufbau eines guten Markenrufs zu tätigen sind (Marken-Image).
Zwar habe die Antragstellerin vorliegend geltend gemacht, dass sich „Birki“-Angebote an eine spezielle jüngere Kundengruppe richten (im Unterschied zu „Birkenstock Classic“-Produkten).
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat die Antragstellerin ein besonderes Markenimage „Birki“ jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Internet-Nutzer würden bei Aufruf von „birki.de“ ohnehin auf die Domain „birkenstock.com“ weitergeleitet. Eine strikte Trennung der beiden Produktgruppen erfolge seitens der Antragstellerin also nicht.
Das Gericht kam daher zu dem Ergebnis, dass die „birki“-Markenrechte durch die Amazon-Suchmaschine in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht verletzt sind. Deshalb wies das OLG die Beschwerde der Antragstellerin zurück.
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