Wettbewerbsrecht: Online-Verkauf von Medikamenten nur bei Einhaltung der DSGVO

Wegen eines Verstoßes gegen Datenschutz-Vorschriften (DSGVO) untersagte das Landgericht Dessau-Roßlau den Verkauf von Medikamenten über eine Online-Handelsplattform.

Der zugrunde liegende Sachverhalt: Streitfall zwischen zwei Apothekern

Der Kläger betreibt als eingetragener Kaufmann eine stationäre Apotheke. Er klagte vor dem Landgericht Dessau-Roßlau gegen einen anderen Apotheker (Beklagter) auf Unterlassung des Online-Vertriebs von Arzneimitteln. Dieser hatte sich zuvor geweigert, nach erfolgter Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Der Beklagte betreibt als Apotheker ebenfalls eine stationäre Apotheke und verkaufte seinerzeit außerdem apothekenpflichtige Medikamente über die Online-Plattform Amazon.

Anlässlich von Online-Bestellungen beim Beklagten erhielt auch die Internet-Plattform Amazon Kenntnis von den Bestelldaten der Kunden des Beklagten. Die Kunden hatten ihre Zustimmung zu AGB und Datenschutzerklärung erteilt. Aber sie hatten nicht ausdrücklich in die Verarbeitung ihrer Daten zur Medikamenten-Bestellung durch Amazon eingewilligt.

Der Kläger machte geltend, dass der Beklagte gegen das Einwilligungserfordernis für Gesundheitsdaten gemäß § 4a Absatz 3 Bundesdatenschutzgesetz verstoße (gemäß der bis zum 24. Mai 2018 geltenden alten Fassung des BDSG).

Das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau

Das Landgericht folgte weitgehend der Argumentation des Klägers und gab der Klage auf Unterlassung statt (Urteil LG Dessau-Roßlau, Aktenzeichen 3 O 29/17 vom 28.03.2018).

Der Kläger sei als „Mitbewerber“ unter anderem zur Klage auf Unterlassung unzulässiger geschäftlicher Handlungen berechtigt (§ 2 Absatz 1 Ziffer 3 UWG, § 8 Absatz 3 Ziffer 1 UWG). Die Mitbewerber-Eigenschaft und damit die Klagebefugnis liege im vorliegenden Fall auch bei unterschiedlichen Geschäftssitzen von Kläger und Beklagtem vor.

Unzulässig sind unlautere geschäftliche Handlungen gemäß § 3 Absatz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dem Anspruch des Klägers war stattzugeben. Er berief sich auf marktrelevante Vorschriften. Diese dienen (auch) seinem Schutz. Der Beklaagte hat diese marktrelevanten Vorschriften verletzt.

Die Anwendbarkeit von § 3 Absatz 1 UWG setzte eine Marktrelevanz der von Amazon gespeicherten Daten voraus.
• Die Marktbezogenheit von BDSG-Vorschriften bejahte das Landgericht, da die (unter Einschaltung von Amazon) erhobenen Daten wie eine Ware genutzt wurden. Die fraglichen BDSG-Regelungen dienen laut Landgericht auch dem Schutz von Mitbewerbern.
• Außerdem ergebe sich die erforderliche Marktrelevanz der Kundendaten und ein auf Mitbewerber zielender Schutzzweck aus Marktverhaltensregelungen des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung. So beabsichtigten bestimmte Vorschriften, dass Medikamente nur von fachkundigem Personal unter Wahrung der Vertraulichkeit ausgegeben werden.

Für die Verarbeitung einer Arzneibestellung über Amazon ist nach Auffassung des Landgerichts eine ausdrückliche Kundeneinwilligung erforderlich. Im Rahmen des Anmelde- und Bestellvorgangs bei Amazon müsse sichergestellt sein, dass ein Online-Kunde die Einwilligung zur Verarbeitung seiner Gesundheitsdaten gegenüber einer Person abgeben könne, die zum Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen berechtigt sei. Dies sei aber bei Datenübermittlung an die Amazon-Plattform nicht der Fall.

Damit habe der Beklagte sowohl Vorschriften des BDSG als auch für Apotheker geltende berufsrechtliche Bestimmungen verletzt.

Das Landgericht verurteilte daher den Beklagten, den Vertrieb von apothekenpflichtigen Medikamenten über die Handelsplattform Amazon zu unterlassen. Zudem sei, so das Landgericht, die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung durch den Beklagten geboten, da nur so die vorhandene Wiederholungsgefahr ausgeräumt werden könne.

Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und Bundesdatenschutzgesetz

Das Verfahren vor dem Landgericht Dessau-Roßlau fand noch unter Anwendung des bis zum 24. Mai 2018 geltenden BDSG alter Fassung statt.
Bei der datenschutzrechtlichen Beurteilung der Verarbeitung von Gesundheitsdaten durch eine Online-Handelsplattform stützte sich das Landgericht Dessau-Roßlau in seinem Urteil vom 28. März 2018 insbesondere auf die §§ 3a, 3 Absatz 9, 4 und 4a BDSG alter Fassung.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 wurde auch das Bundesdatenschutzgesetz novelliert.
Die Bestimmungen der DSGVO gelten in den EU-Mitgliedsstaaten als unmittelbar geltendes Recht. Durch Öffnungsklauseln räumt die DSGVO den nationalen Gesetzgebern Gestaltungsspielräume ein, die in Deutschland im Rahmen einer Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes genutzt wurden.

Seit dem 25.05.2018 gelten für Sachverhalte, die dem vor dem Landgericht Dessau-Roßlau verhandelten Rechtsfall gleichen, die (inhaltlich verwandten) Vorschriften des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe h DSVGO in Verbindung mit § 22 Absatz 1 BDSG neuer Fassung.

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