Direktwerbung bei Verbrauchern – mehrere Werbekanäle laut BGH-Urteil zulässig
Für Onlinehändler und Internet-User ist ein aktuelles BGH-Urteil von großer Bedeutung. Direktansprachen von Verbrauchern durch werbetreibende Unternehmen sind grundsätzlich nur nach vorheriger Einwilligung des Beworbenen erlaubt. Genügt jedoch eine einzige Einwilligung eines Verbrauchers, um einem werbetreibenden Unternehmen die Ansprache zu Werbezwecken über mehrere Werbekanäle zu gestatten?
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Der zugrunde liegende Sachverhalt: AGB-Klausel bei Direktwerbung mit Verbrauchern
Im vorliegenden Rechtsfall hatte der Kläger gegen ein Telekommunikationsunternehmen (Beklagte) Klage auf Unterlassung einer bestimmten Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erhoben. Der Kläger war eine sogenannte „qualifizierte Einrichtung“ nach § 4 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG), der ein besonderes Klagerecht insbesondere in Fragen des Verbraucherrechts zusteht.
Die vom Kläger monierte AGB-Klausel regelte die Zustimmung von Verbrauchern zur persönlichen Information und Beratung. Die Einwilligungsklausel in den AGB des Telekommunikationsunternehmen enthielt insbesondere folgenden Passus:
„Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der T. GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS persönlich informiert und beraten werden. Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der T. GmbH von dieser … zur individuellen Kundenberatung verwendet werden. …“
Diese Einwilligungsklausel konnten Verbraucher im Rahmen eines Online-Vertragsabschlusses auf der Webseite des Telekommunikationsunternehmen ankreuzen.
Der Kläger beschwerte sich vor allem darüber, dass sich die Einwilligungserklärung auf mehrere Kommunikationswege (E-Mail, Telefon, MMS und SMS) bezog und separate Einwilligungserklärungen für jeden der einzelnen Kommunikationswege nicht vorgesehen waren.
Inhaltskontrolle von AGB nach § 307 BGB
Zur Untermauerung seines Anspruchs berief sich der Kläger auf § 307 BGB. Nach dieser Bestimmung sind AGB-Klauseln dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt „im Zweifelsfall“ unter anderem dann vor, wenn eine ABG-Klausel „mit den wesentlichen Grundgedanken (einer) gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist“.
Der Kläger behauptete, dass die durch das Telekommunikationsunternehmen verwendete Einwilligungserklärung gegen die Schutzvorschrift des § 7 Absatz 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoße – und damit eine unangemessene Verbraucher-Benachteiligung nach § 307 BGB vorliege.
§ 7 Absatz 1 UWG erklärt geschäftliche Handlungen, die Marktteilnehmer unzumutbar belästigt, für unzulässig.
§ 7 Absatz 2 UWG enthält einen Katalog von Handlungen, die „stets“ als unzumutbar anzusehen sind. Dazu gehören unter anderem
• Werbezwecken dienende Anrufe bei Verbrauchern ohne vorherige Einholung einer Einwilligung sowie
• Werbung über automatische Anrufmaschinen oder Faxgeräte sowie durch E-Mail ohne vorherige Einholung einer Einwilligung.
Der Verfahrensgang
Während das Landgericht Köln die Klage erstinstanzlich abwies (Urteil LG Köln vom 26.10.2016, Aktenzeichen 26 O 151/16), bestätigte das Oberlandesgericht Köln (Berufungsgericht) einen Rechtsanspruch des Klägers auf Unterlassung (Urteil OLG Köln vom 02.06.2017, Aktenzeichen 6 U 182/16). Daraufhin wandte sich die Beklagte an den Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz.
Das Urteil des BGH als Revisionsinstanz
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts (Oberlandesgericht Köln) auf und wies die Klage ab (BGH-Urteil vom 01.02.2018, Aktenzeichen III ZR 196/17).
Grundsätzlich könne, so der Bundesgerichtshof, eine Verbraucher-Einwilligung auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein.
Maßgeblich sei, dass die in der AGB-Klausel niedergelegte Einwilligung den gesetzlichen Voraussetzungen genüge. Eine Einwilligung im Sinne von § 7 UWG erfordere
• eine „Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und
• mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden.“
• Außerdem müsse „der Wunsch des Nutzers in einer spezifischen Angabe zum Ausdruck kommen.“
Diese Voraussetzungen waren nach Einschätzung des BGH vorliegend erfüllt.
Eine Einwilligung gemäß § 7 UWG erfordert laut Bundesgerichtshof keine gesonderte Kunden-Zustimmung für mehrere Werbekanäle. Die umstrittene AGB-Klausel zeige Verbrauchern allgemeinverständlich die Werbemedien auf, die der Unternehmer verwenden dürfe. Verbrauchern sei aufgrund der AGB-Bestimmung die Reichweite ihrer Einwilligung bekannt. Somit sei Verbrauchern eine bewusste Entscheidung für oder gegen Werbekontakte möglich.
Die AGB-Klausel erfülle auch das Gebot einer „spezifischen Einwilligungserklärung“ – denn die Klausel enthalte nur Informationen über die Kontaktaufnahme zwischen Unternehmen und Verbraucher.
Der Bundesgerichtshof unterstrich seine Rechtsauffassung sogar mit der Formulierung, dass ein Erfordernis zur Einholung mehrerer, jeweils auf einen einzelnen Werbekanal bezogener Einwilligungen „eine geradezu unverständliche Förmelei“ bedeuten würde.
Fazit: Direkte Werbeansprache auch über mehrere Werbekanäle zulässig
Liegt also eine Verbraucher-Einwilligung zur Kontaktaufnahme vor, die den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, so sind Werbemaßnahmen auch über mehrere Werbekanäle zulässig.
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