Steuerliche Berücksichtigung von Vertragsstrafen

Dem Arbeitgeber droht bei Vertragsbruch durch die Arbeitnehmer häufig ein hoher Schaden. Die konkrete Bezifferung des Schadens ist oft schwierig. Daher wird auf die Vertragsstrafe, die der Abschreckung und Pauschalierung von Schäden dienen soll, zurückgegriffen. Solche Vertragsstrafen werden vor allem benötigt, wenn der Arbeitnehmer nicht bei der Arbeit erscheint, Geheimhaltungspflichten verletzt, unerlaubt während des Dienstverhältnisses bei einer Konkurrenzfirma tätig wird, gegen ein Wettbewerbsverbot verstößt oder die Arbeitsstelle ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aufgibt. Ähnliches gibt es, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine teure Ausbildung finanziert hat und damit auch den Marktwert des Arbeitnehmers gesteigert hat. Eine Arbeitsvertragliche Verpflichtung, dass der Arbeitnehmer eine gewisse Zeit nach der Ausbildung nicht kündigen darf, wäre nach § 622 Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam. Daher werden Rückzahlungsverpflichtungen für die Ausbildungskosten vereinbart. Diese müssen nach Dauer und Wert der Ausbildung verhältnismäßig sein, um zulässig zu sein. Bei geringer Unverhältnismäßigkeit werden die Rückzahlungskosten nach § 343 BGB korrigiert. Bei enormer Unverhältnismäßig ist die Vereinbarung über § 307 BGB nichtig.

Bei Aufwendungen für die Berufsausbildung, die der Arbeitnehmer selber bezahlt, ist der beschränkte Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorgesehen. Dieser Sonderausgabenabzug greift jedoch nicht, wenn die Ausgaben bereits als Betriebsausgaben bzw. als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Aufwendungen sind als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen, wenn sie der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen dienen. Die Aufwendungen müssen also beruflich bzw. durch Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sein. Es ist ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf erforderlich und subjektiv muss die Aufwendung den Beruf fördern. Die Zahlung zur Erfüllung einer Vertragsstrafe gilt nunmehr seit der Entscheidung des BFH als Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 4 EStG bzw. als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG.

Der BFH hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Ein Arzt erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Sein Arbeitgeber hatte ihm die Ausbildung finanziert. Es war eine Vertragsstrafe vereinbart, wenn er die Tätigkeit für die er von seinem Arbeitgeber ausgebildet wurde, vorzeitig aufgibt. Er beendete das Arbeitsverhältnis vorzeitig, womit er die Vertragsstrafe zu zahlen hatte und machte sich selbständig. Bei seiner Einkommensteuererklärung gab er die Vertragsstrafeaufwendungen und dessen Finanzierungskosten als Werbungskosten für seine nichtselbständige Tätigkeit an. Das Finanzamt berücksichtigte die Werbungskosten nicht, sondern berücksichtigte lediglich einen Teil als Sonderausgaben nach § 10 Nr. 7 EStG. Die Klage hiergegen war teilweise erfolgreich. Die vom Finanzgericht zugelassene Revision hatte vollumfänglichen Erfolg.

Zur Begründung führte der BFH aus:
Die Zahlung der Vertragsstrafe war durch die nichtselbständige Tätigkeit veranlasst und ist daher als nachträgliche Werbungskosten einkunftsmindernd zu berücksichtigen.

Demnach wäre ein Werbungskostenabzug für Vertragsstrafen nunmehr immer dann möglich, wenn der Vertragsbruch mit der Aufnahme einer neuen Tätigkeit im Zusammenhang steht. Dies dürfte regelmäßig so der Fall sein. Diese Entscheidung könnte sich auf das Arbeitsrecht insofern auswirken, da der Arbeitnehmer durch die Vertragsstrafe nicht mehr so stark belastet wird. Folglich könnten die Arbeitsgerichte eine solche Vereinbarung zukünftig großzügiger handhaben.

BFH, Urteil vom 22. Juni 2006 – VI R 5/03 – auch im Internet zu finden unter www.bundesfinanzhof.de (Vorinstanz: FG München Fundstelle: EFG 2003, 446)